Männliches Symbol mit herabgebogenen Pfeil als Darstellung für erektile Dysfunktion

Beschneidung und Erektionsstörung: Ursachen und Zusammenhänge

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Inhalt
Symbolbild: Zwei Hände halten eine gekrümmte Banane – metaphorische Darstellung von Erektionsstörungen, möglicherweise im Zusammenhang mit einer Beschneidung.

Key Takeaways

Eine Beschneidung hat laut aktueller Studienlage keinen negativen Einfluss auf die Erektionsfähigkeit und kann die Zufriedenheit mit der Erektion sogar erhöhen.

Der Verlust an Sensibilität durch die Entfernung der Vorhaut wird unterschiedlich bewertet, wobei große Übersichtsarbeiten keine einheitliche Tendenz erkennen lassen.

Medizinisch kann eine Beschneidung Vorteile wie eine reduzierte Anfälligkeit für HIV, HPV und Harnwegsinfektionen mit sich bringen. Der Eingriff ist jedoch nicht risikofrei.

Alleine das Wort Beschneidung, medizinisch auch als Zirkumzision bezeichnet, klingt schon drastisch. Tatsächlich kann dieser Eingriff das Leben eines Mannes in vielerlei Hinsicht beeinflussen – sowohl positiv als auch negativ. Nicht zuletzt deshalb wird das Thema in Fachkreisen heiß diskutiert und auch in Erfahrungsberichten gehen die Meinungen weit auseinander. Häufig kommt dabei die Frage auf, ob eine Beschneidung zu Erektionsstörungen führen kann. Wie klären, wie berechtigt diese Sorge wirklich ist.

Einfluss einer Beschneidung auf das sexuelle Empfinden

Dein Penis hat in der Vorhaut und am Vorhautbändchen eine Vielzahl an Nervenfasern. Kritiker:innen von Beschneidungen behaupten, dass eine Entfernung der Vorhaut und des Bändchens deshalb die Sensibilität verringert und dies somit eine Auswirkung auf den Orgasmus, die sexuelle Penetration sowie auf das Schmerzempfinden hat. Laut einer dänischen Studie führt das sogar zu einer geringeren sexuellen Erfüllung der Partner:innen. Andere Studien liefern hierzu widersprüchliche Erkenntnisse und finden keine signifikanten Unterschiede in der Sensibilität oder im sexuellen Empfinden. Manche behaupten sogar, dass diese Eigenschaften nach einer Beschneidung verbessert werden.

Vergleich der Sensibilität zwischen unbeschnittenem und beschnittenem Penis anhand einer medizinischen Illustration.
Vergleich der Sensibilität zwischen unbeschnittenem und beschnittenem Penis

Der derzeitige Studienstand lässt es also zu, in beide Richtungen zu argumentieren. Es finden sich sowohl Studien, die Beschneidungen sehr positiv gegenüberstehen, als auch Studien, die den Eingriff äußerst kritisch betrachten. Um dir bestmöglich einen wissenschaftlich basierten Überblick über das Thema zu geben, beziehen wir uns im Folgenden hauptsächlich auf Metastudien und Reviews. Das sind systematische Übersichtsarbeiten, die eine Vielzahl einzelner Studien zusammenfassen, kritisch bewerten und deren Ergebnisse bündeln, um ein möglichst verlässliches Gesamtbild zu liefern.

Auswirkung einer Beschneidung auf die Erektionsfähigkeit

Im Rahmen einer groß angelegten Untersuchung in Deutschland wurden 10.000 Männer zu ihrer erektilen Funktion befragt. Von den Teilnehmern gaben 6,7% an, beschnitten zu sein. Etwa 2.500 Männer beantworteten die Befragung vollständig und konnten in die Auswertung einbezogen werden. Die Ergebnisse zeigten, dass eine Beschneidung keinen negativen Einfluss auf die Erektionsfähigkeit hat. Es konnte damit kein Zusammenhang zwischen einer Beschneidung und dem Auftreten von Erektionsstörungen festgestellt werden. Im Gegenteil, beschnittene Männer berichteten sogar häufiger davon, mit der Härte ihrer Erektion zufrieden zu sein.

Positive Effekte einer Beschneidung

Eine Beschneidung kann neben kulturellen oder religiösen Gründen auch medizinische Vorteile mit sich bringen. Zu den gesicherten positiven Effekten zählen:

Medizinische Vorteile einer Beschneidung in Icons dargestellt: geringeres Risiko für HIV, Geschlechtskrankheiten, Harnwegsinfektionen, mögliche psychische Vorteile und bessere Hygiene.

HIV-Prävention: In mehreren afrikanischen Studien konnte gezeigt werden, dass sich das Risiko einer HIV-Infektion bei beschnittenen Männern um etwa 51% bis 60% reduziert. Der Grund hierfür ist, dass die Innenseite der Vorhaut Zellen enthält, die besonders anfällig für das HI-Virus sind. Für Frauen bleibt das Infektionsrisiko mit Blick auf den Beschneidungsstatus des Mannes jedoch weitgehend unverändert.

Verringerung des Risikos für Geschlechtskrankheiten: Eine Beschneidung kann auch das Risiko für bestimmte sexuell übertragbare Infektionen senken.

  • Herpes (HSV-2): Reduktion um 28% bis 34%
  • Hochrisiko-HPV: Reduktion um 32% bis 35 %; Studien zeigen, dass dadurch teilweise auch das Risiko für Sexualpartnerinnen sinken kann. Heißt, wenn der Mann beschnitten ist, reduziert sich auch das HPV-Risiko der Frauen.

Reduktion von Harnwegsinfektionen und Entzündungen: Vor allem bei Säuglingen, Kleinkindern und Männern mit verengter Vorhaut (Phimose) kann das Risiko für Harnwegsinfektionen sowie Entzündungen der Eichel und der Vorhaut verringert werden.

Psychische Effekte: Einige Männer berichten nach einer Beschneidung über ein verbessertes Körperbild und weniger soziale Unsicherheit. In Kulturen oder Gemeinschaften, in denen Beschneidungen weit verbreitet sind, kann der soziale Druck hoch sein, insbesondere wenn das eigene Aussehen im Intimbereich von der Norm abweicht, was das Selbstbild beeinträchtigen kann.

Hygienische Vorteile: Ohne Vorhaut können sich Rückstände von Urin und Sperma weniger leicht ansammeln. Das kann die Intimhygiene erleichtern und möglicherweise das Risiko für Infektionen senken. Es wird auch davon ausgegangen, dass dieser hygienische Vorteil eine wesentliche Rolle für die anderen positiven Effekte spielt.

Potenziell negative Effekte einer Beschneidung

Wie bei jedem medizinischen Eingriff kann auch eine Beschneidung mit Risiken und möglichen Nebenwirkungen verbunden sein. Diese ergeben sich vor allem aus Komplikationen während und nach dem Eingriff:

  • Frühe Komplikationen: In der Regel handelt es sich hierbei um eher leichte Beschwerden wie Schmerzen im Bereich der Beschneidungswunde, Blutungen oder Schwellungen.
  • Späte Komplikationen: Einige Probleme können auch verzögert auftreten, unter anderem Wundinfektionen, Verengung der Harnröhrenöffnung, Verklebungen zwischen Eichel und verbliebener Vorhaut, Bildung von unnatürlichen Verbindungsgängen.
  • Höheres Risiko bei traditionellen Beschneidungen: Werden Beschneidungen außerhalb von medizinischen Einrichtungen durchgeführt, etwa im Rahmen traditioneller Rituale, ist das Risiko für Komplikationen deutlich höher.
  • Psychische Belastungen: Erfolgt die Beschneidung gegen den eigenen Willen oder ohne umfassende Aufklärung, kann dies zu seelischen Belastungen führen. In manchen Fällen berichten Betroffene von langfristigen psychischen Folgen, etwa einem gestörten Körperempfinden oder traumatischen Erfahrungen.

Worauf Beschneidungen vermutlich keine Auswirkung haben

Immer wieder wird diskutiert, ob Beschneidungen Auswirkungen auf vorzeitigen Samenerguss, die Zeit vom Beginn des Geschlechtsverkehrs bis zum Samenerguss (Ejakulationslatenzzeit), das sexuelle Verlangen, Schmerzen beim Sex oder Orgasmusstörungen haben.

Dabei zeigen Studien teils unterschiedliche Ergebnisse, wobei insbesondere bei vorzeitigem Samenerguss und der Ejakulationslatenzzeit die Meinungen auseinandergehen: Während einige Forschende keinen Unterschied zwischen beschnittenen und unbeschnittenen Männern feststellen, berichten andere von einer Verbesserung in Bezug auf vorzeitige Ejakulation. Diese Widersprüche lassen sich vor allem durch kulturelle Unterschiede und subjektive Einschätzungen erklären. Um hier verlässliche Aussagen treffen zu können, sind weitere Untersuchungen notwendig. Bis dahin verbleiben diese Aspekte in der Kategorie „vermutlich keine Auswirkung“.

Was sexuelles Verlangen, Schmerzen beim Sex und Orgasmusstörungen betrifft, deuten die bisherigen Erkenntnisse tatsächlich auf keine nennenswerten Unterschiede zwischen beschnittener und intakter Vorhaut hin. Eine Ausnahme bildet lediglich der Fall, wenn die Beschneidung aus medizinischen Gründen vorgenommen wird, etwa bei einer Phimose. In solchen Fällen kann sich das Schmerzempfinden beim Sex deutlich verbessern.

Fazit

Die Beschneidung ist ein medizinischer Eingriff, der individuell sehr unterschiedlich erlebt wird. Während manche Männer von hygienischen Vorteilen, einem verbesserten Körpergefühl oder einer erhöhten sexuellen Zufriedenheit berichten, empfinden andere den Verlust der Vorhaut als Einschränkung. Aus wissenschaftlicher Sicht zeigt sich: Die Erektionsfähigkeit bleibt in der Regel unbeeinflusst, auch für das sexuelle Empfinden gibt es keine einheitlichen Erkenntnisse. Klar ist jedoch, dass eine medizinisch korrekt durchgeführte Beschneidung neben religiösen oder kulturellen Gründen auch gesundheitliche Vorteile haben kann, etwa bei der Prävention bestimmter Infektionen. Wie bei jedem Eingriff gilt: Eine fundierte ärztliche Beratung und die individuelle Abwägung von Nutzen und Risiko sind entscheidend.

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Cand. med. Magdalena Riederer, BSc MSc

Alena steht kurz vor dem Abschluss ihres Medizinstudiums an der Medizinischen Universität Wien und ist derzeit auf der ganzen Welt unterwegs, um unterschiedlichste Gesundheitssysteme von innen kennenzulernen. Mit ihrem Wissen über die komplexen Zusammenhänge im menschlichen Körper und ihrer Faszination für die neuesten Entwicklungen in der ästhetischen Dermatologie ist sie die perfekte Ansprechpartnerin für Themen an der Schnittstelle zwischen Gesundheit und Lifestyle.