Key Takeaways
Schwitzen kann im Rahmen von Krebs durch den Krebs selbst, als Nebenwirkung der Therapie oder durch psychische Belastung auftreten.
Plötzlich auftretender Nachtschweiß kann ein erstes Anzeichen für bestimmte Krebsarten wie Lymphome oder akute Leukämien sein. Ärztliche Abklärung ist essenziell.
Das Schwitzen, das durch den Krebs selbst verursacht ist, entsteht durch ein Zusammenspiel aus Entzündungsreaktionen, Hormonveränderungen, Stress und einer Überaktivierung des Immunsystems.
Krebstherapien wie Hormon-, Chemo- oder Immuntherapie sowie starke Schmerzmittel können starkes Schwitzen auslösen.
Du schwitzt. Aber nicht wie normalerweise, sondern plötzlich wesentlich mehr. Und das ohne erkennbare Ursache. Vielleicht wachst du gar nachts völlig durchnässt auf. Das ist nicht nur extrem unangenehm – es macht auch Sorgen. Denn plötzlich auftretendes übermäßiges Schwitzen kann ein Zeichen für eine ernsthafte Erkrankung wie Krebs sein. Wir klären, wie starkes Schwitzen und Krebs zusammenhängen.
Warum schwitzen Krebskranke?
Wahrscheinlich fragst du dich: „Warum schwitzen Krebskranke eigentlich?“ Und vor allem: „Warum führen manche Krebsarten zu starkem Schwitzen – und andere nicht?“ Die genauen Mechanismen sind noch nicht vollständig verstanden, aber wahrscheinlich führt eine Kombination aus mehreren Faktoren zum Schwitzen bei Krebs:
- Zytokine, also entzündungsfördernde Botenstoffe, die vom Tumor ausgeschüttet werden
- Daueraktivierung des Immunsystems
- Stressreaktion des Körpers durch die Krankheit
- Fieberhafte Reaktionen des Körpers auf die Krankheit
- Hormonstörungen, v.a. bei hormonproduzierenden Tumoren
Der Körper steht also unter Hochspannung und das macht sich auch über die Schweißdrüsen bemerkbar.
Nachtschweiß als Warnzeichen
Es gibt bestimmte Krebserkrankungen, bei denen Nachtschweiß vermehrt auftritt. Sie werden als hämatologische Krebsarten bezeichnet, weil sie ihren Ursprung im blutbildenden System haben – also im Knochenmark, dem Blut und dem Lymphsystem, die für unsere Immunabwehr und die Bildung neuer Blutzellen so wichtig sind. Vor allem Lymphome und schnell verlaufende Leukämien zeigen sich häufig mit dem Frühsymptom Nachtschweiß.
Lymphome entstehen im Lymphsystem, besonders in den Lymphknoten oder lymphatischen Organen wie Milz oder Thymus. Es gibt dabei zwei Arten, Hodgkin und Non-Hodgkin. Vor allem beim Hodgkin-Lymphom ist eine sogenannte „B-Symptomatik“ äußerst häufig. Damit bezeichnet man die Dreierkombination von Fieber, Nachtschweiß und ungewolltem Gewichtsverlust. Diese Dreierkombination tritt auch häufig beim Non-Hodgkin-Lymphom auf.

Gut zu wissen: Während Nachtschweiß ein wichtiges Warnzeichen ist, hat das alleinige Auftreten von Nachtschweiß ohne Fieber und Gewichtsverlust beim Hodgkin-Lymphom keinen Einfluss auf die Prognose.
Leukämien entstehen in der Regel im Knochenmark und führen zu einer unkontrollierten Vermehrung unreifer weißer Blutkörperchen. Es gibt schnell verlaufende (akute) und langsam verlaufende (chronische) Formen. Die akuten Leukämien, zu denen die akute myeloische (AML) und die akute lymphatische Leukämie (ALL) zählen, gehen häufig mit Schwitzen einher.
Kategorie | Schwitzen | Anmerkungen | |
---|---|---|---|
Hodgkin-Lymphom | Sehr häufig | ❗️❗️❗️❗️❗️ | Nachtschweiß als typisches B-Symptom, oft mit Fieber und Gewichtsverlust |
Non-Hodgkin-Lymphom | Häufig | ❗️❗️❗️❗️ | Ähnliche Symptome wie beim Hodgkin-Lymphom, v.a. bei aggressiven Formen |
Akute Leukämien | Häufig | ❗️❗️❗️❗️ | Schwitzen durch Fieber, Infekte oder Immunreaktionen |
Karzinoid-Tumor | Häufig | ❗️❗️❗️❗️ | Hitzewallungen und Schwitzen bei Tumoren, die das Hormonsystem beeinflussen |
Prostatakrebs | Häufig (unter Therapie) | ❗️❗️❗️ | Schwitzen v.a. unter Hormonentzugstherapie |
Brustkrebs | Häufig (unter Therapie) | ❗️❗️❗️ | Hitzewallungen und Schweißausbrüche durch Hormontherapie |
Multiples Myelom | Möglich | ❗️❗️ | Schwitzen v.a. bei Infekten oder Entzündungsaktivität im ganzen Körper |
Lungenkrebs | Gelegentlich | ❗️ | Möglich bei Infekten, Fieber oder bei Tumoren, die das Hormonsystem beeinflussen |
Nierenkrebs | Gelegentlich | ❗️ | Selten durch Hormonproduktion oder indirekte Auswirkungen des Krebses |
Leberkrebs | Gelegentlich | ❗️ | Meist nur in fortgeschrittenen Stadien |
Kennzeichnet Nachtschweiß Metastasen?
Mit der Diagnose Krebs ist man besonders sensibilisiert auf körperliche Veränderungen. So kann auch (neu aufgetretener) Nachtschweiß besorgniserregend sein. Während Nachtschweiß kein spezifisches Anzeichen für Metastasen an sich ist, kann er aber im Rahmen eines metastasierten oder stark fortgeschrittenen Krebses auftreten. Das kann mehrere Ursachen haben:
- Wenn ein Tumor weit fortgeschritten ist oder gestreut hat, gerät der Körper zunehmend aus dem Gleichgewicht, insbesondere wenn der Tumor Auswirkungen auf den ganzen Körper hat oder wenn der Tumor Hormone produziert.
- Wenn Metastasen hormonproduzierende Organe (z.B. Nebenniere, Hypophyse) befallen, kann es im Rahmen von Hormonstörungen zu Schweißausbrüchen, Hitzewallungen oder Nachtschweiß kommen.
- Metastasen schwächen das Immunsystem, was das Risiko für Infektionen erhöht, die sich mit Fieber und Nachtschweiß bemerkbar machen können.
Kennzeichnet also Nachtschweiß Metastasen? Nein, nicht direkt, aber ja, indirekt können sich Metastasen durch Nachtschweiß bemerkbar machen. Sprich daher umgehend mit deinem betreuenden Ärzteteam, wenn du neu auftretenden Nachtschweiß im Rahmen deiner Krebsbehandlung erfährst.
„Neu aufgetretener Nachtschweiß sollte immer ärztlich abgeklärt werden.“
Schwitzen als Nebenwirkung der Krebstherapie
Übermäßiges Schwitzen kann aber nicht nur ein Frühwarnzeichen für Krebs sein, sondern auch als Nebenwirkung einer Krebstherapie auftreten. In diesem Fall ist die Behandlung des Krebses die Ursache des Schwitzens. Besonders häufig tritt das bei folgenden Behandlungen auf:
- Hormontherapien: Umstellung des Hormonhaushalts kann zu Hitzewallungen und Schweißausbrüchen führen
- Chemotherapien: bringen den gesamten Organismus inkl. des Temperaturzentrums im Gehirn durcheinander
- Immuntherapien: aktivieren das Immunsystem, was oft mit Fieber und Schwitzen einhergeht
- Opioide: starke Schmerzmittel können die Temperatureinstellung im Gehirn verändern, v.a. bei Morphin, Methadon, Fentanyl
- Entzugserscheinungen beim Absetzen von Medikamenten: besonders relevant sind hier Opioide, Benzodiazepine, Antidepressiva und Pregabalin bzw. Gabapentin
Falls du gerade in Behandlung bist und unter starkem Schwitzen leidest, solltest du diese unangenehme Nebenwirkung mit deinem Ärzteteam besprechen. Oft gibt es Möglichkeiten zur Linderung.

Psychogene Komponente
Nicht zuletzt ist die Psyche bei Krebs und Schwitzen nicht zu unterschätzen. Krebs ist nicht nur eine körperliche Herausforderung, sondern auch eine emotionale. Viele Betroffene erleben Ängste, Schlafstörungen oder innere Unruhe. All das kann ebenfalls verstärktes Schwitzen auslösen.
Vor allem kaltes Schwitzen, das plötzlich auftritt, kann ein Anzeichen für Stress, Panikattacken oder seelische Überlastung sein. In solchen Fällen hilft oft nicht nur eine körperliche, sondern auch eine psychotherapeutische Begleitung. Sowohl Psychoonkolog:innen als auch Psychotherapeut:innen können mit entlastenden Gesprächen und Achtsamkeitstechniken unterstützen.
Was hilft?
Auch wenn Schwitzen bei Krebs schwer zu kontrollieren ist, bist du ihm nicht völlig ausgeliefert. Kommuniziere das Thema unbedingt an dein Ärzteteam. Zusätzlich können folgende Dinge helfen:
- Kühlende, atmungsaktive Kleidung aus Baumwolle oder Funktionsmaterial
- Lüften vor dem Schlafen, ggf. Ventilator, Kühlkissen und Kühldecken verwenden
- Stressabbau, z.B. durch Meditation, Atemübungen, Gespräche
- Verzicht auf Alkohol, Koffein und scharfe Speisen
- In Absprache mit deinem Ärzteteam: Medikamente wie Anticholinergika gegen starkes Schwitzen
Fazit
Schwitzen bei Krebs kann ein Hinweis auf die Erkrankung selbst oder auf Nebenwirkungen der Therapie sein. Wenn das Schwitzen belastend ist oder plötzlich auftritt, sollte es immer ärztlich abgeklärt werden. Denn auch wenn es „nur“ Schweiß ist: Dein Körper spricht mit dir – hör hin.
Quellen
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Lister TA, et al. (1989) Report of a committee convened to discuss the evaluation and staging of patients with Hodgkin’s disease: Cotswolds meeting https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2809679/
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