Key Takeaways
Ein hoher und langfristiger Alkoholkonsum schädigt Blutgefäße, senkt Testosteron und kann so zu Erektionsstörungen führen.
Alkohol wirkt jedoch nicht nur negativ auf die sexuelle Gesundheit. In kleinen Mengen kann er durch Entspannung und verbesserte Durchblutung sogar die Erektionsfähigkeit fördern.
Ob ein gelegentliches Glas Wein oder chronisches Trinken – wie viel Alkohol du konsumierst, macht den entscheidenden Unterschied für deine sexuelle Gesundheit.
Viele Männer kennen das Problem: Wenn man etwas zu tief ins Glas geschaut hat, funktioniert das beste Stück nicht mehr ganz wie gewollt. Die kurzfristigen Auswirkungen von Alkohol sind gut spürbar, doch wie sieht es eigentlich bei langfristigem Alkoholkonsum aus? Ist eine Erektionsstörung, verursacht durch Alkohol, überhaupt möglich? Die Antwort ist gar nicht so klar, wie du vielleicht denkst – Überraschung inklusive!
Was löst eine Erektionsstörung aus?
Die Ursachen von Erektionsstörungen sind recht vielfältig, denn bei einer Erektion sind viele verschiedene Teile deines Körpers beteiligt. Diese Teile greifen wie kleine und große Zahnrädchen ineinander. Wenn ein Zahnrad entfernt wird, kann das gesamte System beeinträchtigt werden. Bei einer Erektionsstörung treten aber oft mehrere Ursachen gemeinsam auf, die einzeln vielleicht zu keiner Störung führen würden, aber zusammen das System zum Absturz bringen. Das bedeutet: Mehrere Zahnrädchen funktionieren nicht mehr wie gewollt – und es kommt zu keiner Erektion.
Die häufigste Ursache von Erektionsstörungen sind Durchblutungsstörungen, die die Blutzufuhr zum Penis beeinträchtigen. Weitere Ursachen sind Nervenschäden (durch neurologische Erkrankungen oder Traumata), strukturelle Probleme (z.B. Mikropenis), hormonelle Störungen (z.B. Testosteronmangel), die Einnahme bestimmter Medikamente und psychische Faktoren. Nicht selten treten mehrere Faktoren gemeinsam auf.

Alkohol als Ursache von Erektionsstörung?
Forscher:innen gehen davon aus, dass der Einfluss von Alkohol auf die Erektionsfähigkeit nicht linear verläuft – also nicht mit jedem weiteren Schluck automatisch schlechter wird. Es wird vielmehr angenommen, dass der Einfluss eher einer J-Kurve gleicht: Bei geringen Mengen Alkohol könnte sich die Erektionsfähigkeit verbessern, bei größeren Mengen hingegen verschlechtern. Klingt verwirrend? Schauen wir uns an, warum dieses Phänomen auftritt.

Kleine Mengen von Alkohol können die Erektionsfähigkeit verbessern
Mit Alkohol werden in der Regel ja eigentlich eher negative Zusammenhänge in Verbindung gebracht. Wie kann es also sein, dass Alkohol hier zu einer Verbesserung führen kann?
Zum einen trägt Alkohol zur Entspannung und Enthemmung bei. Bei einer Erektion spielt sich vieles im Kopf ab. Deshalb können psychische Faktoren auch zu einer Erektionsstörung führen. Geringe Mengen Alkohol können uns jedoch helfen, Sorgen und Ängste teilweise zu vergessen und so eine Erektion erleichtern. Auch die Muskulatur entspannt sich, was notwendig ist, damit genügend Blut in den Penis fließen kann.
Andererseits kann Alkohol auch den HDL-Cholesterinspiegel (das „gute“ Cholesterin) erhöhen, was zu einer verstärkten Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) führt, und die Aktivität eines Enzyms steigern, das die Innenwände der Blutgefäße vor Schäden schützt. Aber Vorsicht: Hohe Mengen von Alkohol kehren diesen Effekt um!
Mehr zur Notwendigkeit von Stickstoffmonoxid findest du hier: Erektionsstörung Basiswissen
Hohe Mengen an Alkohol führen zu Impotenz
Während geringe Mengen an Alkohol die Erektionsfähigkeit verbessern können, sieht es bei großen Mengen ganz anders aus. Große Mengen können die Leber belasten sowie die Östrogenwerte erhöhen und Testosteron reduzieren. Niedrige Testosteronwerte können deine Gesundheit auf verschiedene Arten beeinträchtigen und dazu führen, dass eines der Zahnrädchen in der Erektionskette beschädigt wird, was zu Impotenz führen kann. Außerdem können durch starken Alkoholkonsum deine Blutgefäße geschädigt werden – sei es durch Entzündungen, Verengungen oder auch gar durch blockierende Ablagerungen. All das führt dazu, dass weniger Blut in deinen Penis gelangt und somit eine Erektionsstörung begünstigt.
Ein hoher Konsum von Alkohol kann auch akut deine Erektionsfähigkeit beeinflussen. Ein hoher Alkoholpegel hat nämlich gleich über mehrere Wege einen negativen Einfluss: Er dämpft das zentrale Nervensystem und reduziert so die Erregung. Außerdem kann auch der Blutdruck gesenkt und die Blutgefäße kurzfristig verengt werden. Die gute Nachricht ist jedoch, dass dies bei nicht chronisch hohem Alkoholkonsum reversibel ist, sobald der Alkohol wieder abgebaut wurde. Allerdings kann sich daraus theoretisch eine Erektionsstörung entwickeln, denn viele Menschen verspüren durch solche negativen „Performance“-Situationen einen steigenden Leistungsdruck, der sich negativ auf die Erektionsfähigkeit auswirken kann – das Zahnrädchen „Psyche“ kann dann Schaden nehmen.

Fazit
Die Tatsache, dass ein moderater Konsum von Alkohol deine Erektion verbessern kann, bedeutet nicht, dass du direkt zur Flasche greifen solltest. Es soll dir lediglich dabei helfen zu verstehen, woher eine mögliche Erektionsstörung stammen könnte. Ein Bierchen in der Woche wird nicht für eine mögliche Erektionsstörung verantwortlich sein, ein starker Konsum hingegen möglicherweise schon.
Quellen
Cheng JY, et al. (2007) Alcohol consumption and erectile dysfunction: meta-analysis of population-based studies. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17538641/
Chew KK, et al. (2009) Alcohol consumption and male erectile dysfunction: an unfounded reputation for risk? https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19143912/
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