Key Takeaways
Spironolacton kann androgenetischen Haarausfall bekämpfen, indem es die Produktion des Hormons Dihydrotestosteron (DHT) hemmt und dessen schädigende Wirkung auf Haarfollikel blockiert.
Die Wirksamkeit variiert individuell, doch es zeigt sich, dass eine längere Anwendung und die Kombination mit anderen Behandlungen, wie Minoxidil, vielversprechend sind.
Die Nebenwirkungen sind in der Regel mild, wobei häufig Menstruationsstörungen auftreten.
Etwa die Hälfte aller Frauen sieht sich im Laufe ihres Lebens mit erblich bedingtem Haarausfall, auch androgenetische Alopezie genannt, konfrontiert. Während bei Männern der Haarausfall im Alter gut bekannt ist, wurde dieses Thema bei Frauen lange Zeit stiefmütterlich behandelt. Doch es gibt Therapien, die auch Frauen gegen lichteres Haar am Scheitel Abhilfe verschaffen können. Eine dieser Optionen ist Spironolacton.
Spironolacton bei Haarausfall
Spironolacton ist bereits seit über 40 Jahren in der Medizin im Einsatz – allerdings für einen ganz anderen Zweck. Es wird als harntreibendes Mittel bei Bluthochdruck verwendet. Neben dieser Wirkung zeigt es jedoch noch weitere komplexe Eigenschaften: Es reduziert die Produktion von Androgenen, den männlichen Hormonen, und blockiert Androgenrezeptoren. Doch was bedeutet das nun im Rahmen von Haarausfall?
„Unter Spironolacton werden weniger Androgene (männliche Hormone) produziert und die Androgenrezeptoren blockiert.“
Androgenetischer Haarausfall ist – wie schon der Name verrät – stark mit dem Hormonhaushalt verbunden. Da sich vor allem im Zuge der Wechseljahre die Hormonspiegel verändern, sind viele Frauen nun anfälliger für diese Art von Haarverlust. Bei androgenetischem Haarausfall ist das Hormon Dihydrotestosteron (DHT) das größte Problem. Es bindet an die Androgenrezeptoren der Haarfollikel und sorgt dort dafür, dass die Haare immer dünner und schwächer werden. Die Folge: Lichteres Haar.
Mehr dazu hier: Haarausfall nach den Wechseljahren

Hier kommt Spironolacton ins Spiel. Indem es
- für weniger Androgene sorgt (also auch weniger DHT) und
- zusätzlich die Androgenrezeptoren blockiert (DHT hat somit quasi einen starken Mitbewerber um den Platz auf den Rezeptoren),
kann es die Haarfollikel schützen. Es wird daher bereits über 30 Jahre bei erblich bedingtem Haarausfall bei Frauen eingesetzt – allerdings off-label, das heißt, es gibt keine offizielle Zulassung für Spironolacton bei Haarausfall.
Bei Männern wird Spironolacton normalerweise nicht gegen Haarausfall verwendet. Zum einen gibt es kaum Studien dazu, zum anderen kann der Wirkstoff durch seine hormonelle Wirkung bei Männern unerwünschte Veränderungen wie Brustwachstum oder Libidoverlust verursachen.

So gut wirkt Spironolacton Haarausfall entgegen
Das klingt bisher ja alles sehr vielversprechend. Doch wie gut erfüllt nun Spironolacton seine schützende Rolle vor Haarausfall?
Orales Spironolacton
Bisherige Studien zu oralem Spironolacton haben sehr unterschiedliche Ergebnisse geliefert. Das lässt vermuten, dass die Wirkung individuell sehr verschieden ist. Kurz gesagt – bei der einen hilft es, bei der anderen nicht. Allerdings sind zumindest folgende Dinge klar: Eine längere Behandlung erzielt bessere Ergebnisse (12 vs. 6 Monate) und Spironolacton wirkt vor allem in Kombination mit anderen Therapien gut gegen Haarausfall.
Die häufigsten berichteten Nebenwirkungen von oralem Spironolacton sind Menstruationsstörungen, Brustspannen, Juckreiz und Schwindelgefühl. Menstruationsstörungen treten etwa bei einem Drittel auf.
Meist liegt die Dosierung von oralem Spironolacton für Haarausfall bei 100 mg, es gibt jedoch keine allgemein anerkannte Standarddosierung für Haarausfall. Untersuchungen bewegen sich zwischen 25-200 mg täglich, wobei sich auch niedrige Dosen unter 50 mg als vielversprechend entpuppen.
Übrigens: Spironolacton wird auch off-label bei hormoneller Akne eingesetzt. Indem es die Wirkung männlicher Hormone in Zaum hält, reduziert es die Talgproduktion und hilft so, hormonell bedingte Hautunreinheiten zu verringern.
Topisches Spironolacton
Spironolacton gibt es nicht nur als Tablette, die oral eingenommen wird, sondern auch topisch, also in einer Formulierung, die auf die Haut aufgetragen wird. Topische Anwendungen sind meist besser verträglich – so auch bei Spironolacton. Es werden lediglich minimale Nebenwirkungen, wie Juckreiz, berichtet. Allerdings ist die Studienlage zu topischem Spironolacton noch spärlich und aktuelle Formulierungen unterliegen dem äußerst gut untersuchten topischen Minoxidil.
Kombinationstherapie mit Spironolacton
Mittlerweile gibt es immer mehr Untersuchungen, die sich auf eine Kombinationstherapie mit Spironolacton konzentrieren – insbesondere in Kombination mit Minoxidil. Da Spironolacton und Minoxidil nämlich völlig unterschiedliche Wirkmechanismen haben, kann eine Kombination der beiden Wirkstoffe eine potente Lösung darstellen: Spironolacton bekämpft die hormonelle Ursache (DHT), während Minoxidil das Haarwachstum anregt.
Mehr dazu hier: Minoxidil

Kombinationen mit topischem Minoxidil
Mehrere Studien haben sich mit der Kombination von oralem Spironolacton und topischem Minoxidil auseinandergesetzt. Dabei wurde Folgendes festgestellt:
- Minoxidil in Kombination mit Spironolacton erzielte bessere Ergebnisse als die alleinige Verwendung von topischem Minoxidil.
- In Gegenüberstellung zur Kombination aus oralem Finasterid und topischem Minoxidil zeigten sich signifikante Unterschiede zugunsten der Kombination mit Spironolacton. Außerdem wirkte die Kombination mit Spironolacton besser gegen Geheimratsecken bei Frauen.
- Im Vergleich zu Bicalutamid und Minoxidil zeigte sich ein möglicher Vorteil zugunsten der Kombination mit Bicalutamid: Sowohl die Wirksamkeit als auch das Nebenwirkungsprofil fielen in dieser Untersuchung günstiger aus. Bei Spironolacton könnte die zusätzliche Beeinflussung von anderen hormonellen Regelkreisen insbesondere bei höheren Dosierungen zu vermehrten Nebenwirkungen führen. Bicalutamid hingegen blockiert gezielt die Wirkung von Androgenen und wird daher zunehmend als potenzielle Therapieoption bei hormonell bedingtem Haarausfall bei Frauen diskutiert.
Besonders wichtig ist eine zuverlässige Verhütung während der Einnahme, denn Antiandrogene wie Bicalutamid, Finasterid und Spironolacton können die Entwicklung eines ungeborenen Kindes beeinträchtigen.
Kombinationen mit oralem Minoxidil
In Europa wird Minoxidil in der oralen Formulierung noch kaum gegen Haarausfall eingesetzt (in erster Linie aufgrund potenzieller Nebenwirkungen). Die Forschung sieht jedoch, insbesondere in niedrig dosiertem oralem Minoxidil, Potenzial.
Eine der Nebenwirkungen von oralem Minoxidil ist eine Zunahme der gesamten Körperbehaarung. Es wachsen also nicht nur die Haare auf dem Kopf stärker, sondern alle Haare am Körper – ein besonders unerwünschter Effekt bei Frauen. Eine Kombination mit Spironolacton kann helfen, den an gewissen Stellen unerwünschten Haarwuchs effektiv abzuschwächen.
Damit könnte die Kombination von oralem Spironolacton und oralem Minoxidil eine äußerst wirksame und strategisch kluge Therapie bei fortgeschrittenem androgenetischem Haarausfall sein, da sie nicht nur synergistisch das Haarwachstum fördert, sondern auch eine wesentliche Nebenwirkung des Minoxidils gezielt abschwächen kann.
Potenzielle Bedenken bei Spironolacton
Wie immer gilt: keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Doch gerade bei Spironolacton werden Nebenwirkungen befürchtet, die meist unnötige Sorgen machen.

Zu hoher Kalium-Spiegel (Hyperkaliämie)
Spironolacton ist ein harntreibendes Medikament, das dafür sorgt, dass der Körper Wasser und Salz ausscheidet, dabei aber Kalium im Körper behält. Es verhindert, dass zu viel Kalium über die Nieren verloren geht. Dadurch kann es potenziell mit Spironolacton zu einem zu hohen Kalium-Spiegel im Körper kommen (Hyperkaliämie). Daher ist es ratsam, eine Kontrolle des Kalium-Spiegels mittels eines Blutbildes vornehmen zu lassen.
Eine Hyperkaliämie kommt bei Spironolacton in geringen Dosen jedoch nur sehr selten vor. In erster Linie sind davon Menschen betroffen, die weitere Medikamente mit derselben potenziellen Nebenwirkung einnehmen. So entwickelten in einer Studienpopulation von Frauen über 65 Jahren (hier besteht eine erhöhte Anfälligkeit) 10% der Teilnehmerinnen eine Hyperkaliämie – allerdings hatte mehr als die Hälfte der betroffenen Frauen bereits grenzwertig erhöhte Kalium-Werte und mehr als ein Drittel der Teilnehmerinnen nahm zeitlich weitere Medikamente zu sich, die eine Hyperkaliämie verursachen können.
„Hyperkaliämie kommt sehr selten vor. Eine Kontrolle mittels Blutbild gibt Sicherheit.“
Zu niedriger Blutdruck (Hypotension)
Die ursprüngliche Funktion von Spironolacton ist eine Senkung des Blutdrucks. Bei einer Einnahme von Spironolacton gegen Haarausfall wäre ein Abfall des Blutdrucks jedoch meist eine unerwünschte Nebenwirkung. Wie verändert sich also der Blutdruck bei Frauen mit normalem Blutdruck, die Spironolacton für dermatologische Zwecke einnehmen? Eine große Studie mit mehr als 2000 Teilnehmerinnen kann hier Entwarnung geben – Spironolacton verursacht keine signifikante Änderung des Blutdrucks, unabhängig von der eingenommenen Spironolacton-Dosis. Dennoch ist es ratsam, zu Beginn einer Therapie mit Spironolacton gegen Haarausfall deinen Blutdruck zu messen. Eine ständige Kontrolle ist aber nicht notwendig. Nach 7 Wochen ist der maximale Effekt auf den Blutdruck zu erwarten.
Übrigens: Ein zu niedriger Blutdruck macht sich initial mit Schwindel und Benommenheit bemerkbar.
„Spironolacton senkt bei Menschen ohne Bluthochdruck den Blutdruck nicht.“
Erhöhtes Risiko für Brustkrebs
Lange Zeit gab es die Befürchtung, dass Medikamente mit antiandrogener Wirkung wie Spironolacton das Risiko für Brustkrebs erhöhen könnten. Diese Ängste wurden längst widerlegt und auch ganz aktuelle, groß angelegte Studien bestätigen das: Spironolacton wird selbst bei Menschen mit hohem Risiko für Brustkrebs als sicher gewertet.
„Spironolacton ist ein sicheres Medikament. Es besteht kein Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs.“
Fazit
Spironolacton gilt vor allem in der Kombination mit anderen Therapien als vielversprechendes Mittel bei androgenetischem Haarausfall bei Frauen. Allerdings scheint es von Frau zu Frau sehr unterschiedlich zu wirken. Wenn du von lichter werdendem Haar am Scheitel betroffen bist und dieser Zustand dich belastet, ist Spironolacton einen Versuch wert.
Quellen
Abdel-Raouf H, et al. (2021) A novel topical combination of minoxidil and spironolactone for androgenetic alopecia: Clinical, histopathological, and physicochemical study. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33320406/
Aleissa M. (2023) The Efficacy and Safety of Oral Spironolactone in the Treatment of Female Pattern Hair Loss: A Systematic Review and Meta-Analysis. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10502763/
Al Sayed NM, et al. (2025) Clinical and Trichoscopic Evaluations of Topical Finasteride 1%, Topical Spironolactone 5%, and Minoxidil 5% in Female Pattern Hair Loss Treatment. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40117614/
Ammar AM, et al. (2022) Dermoscopic evaluation of the efficacy of combination of topical spironolactone 5% and minoxidil 5% solutions in the treatment of androgenetic alopecia: A cross sectional-comparative study. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36039391/
Buontempo MG, et al. (2023) Exploring the historical stigma of spironolactone use in breast cancer survivors with alopecia. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10113110/
Burns LJ, et al. (2020) Spironolactone for treatment of female pattern hair loss. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32259535/
Collins MS, et al. (2023) Retrospective analysis of the risk of hyperkalaemia in women older than 65 years of age prescribed spironolactone for female-pattern hair loss. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36634081/
Desai DD, et al. (2024) Comparative analysis of low-dose oral minoxidil with spironolactone versus finasteride or dutasteride in female androgenetic alopecia management. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39276230/
Desai D, et al. (2025) Examining blood pressure changes with spironolactone for alopecia: A retrospective analysis. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39197494/
Devjani S, et al. (2024) Efficacy of Low-Dose Spironolactone for Hair Loss in Women. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38443127/
Famenini S, et al. (2015) Demographics of women with female pattern hair loss and the effectiveness of spironolactone therapy. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4573453/
Hill RC, et al. (2024) No increased risk of breast or gynecologic malignancies in women exposed to spironolactone for dermatologic conditions: A retrospective cohort study. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38423468/
Hill RC, et al. (2024) Spironolactone treatment for dermatologic indications is not associated with hypotension in a single-center retrospective study. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38483433/
Kaiser M, et al. (2023) Treatment of Androgenetic Alopecia: Current Guidance and Unmet Needs. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10239632/
Liang X, et al. (2022) Efficacy and Safety of 5% Minoxidil Alone, Minoxidil Plus Oral Spironolactone, and Minoxidil Plus Microneedling on Female Pattern Hair Loss: A Prospective, Single-Center, Parallel-Group, Evaluator Blinded, Randomized Trial. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9309533/
Jha AK, et al. (2024) Efficacy and safety of spironolactone versus bicalutamide in female pattern hair loss: A retrospective comparative study. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38762801/
Jimenez-Cauhe J, et al. Spironolactone and bicalutamide selectively reduce facial hypertrichosis induced by low-dose oral minoxidil. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40960258/
Nohria A, et al. (2024) Improving efficacy and maintaining safety in the treatment of alopecia with low-dose oral minoxidil and spironolactone combination therapy: A retrospective review. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11470514/
Nohria A, et al. (2024) To evaluate hypertrichosis with low dose oral minoxidil and spironolactone combination therapy for alopecia. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39133327/
Rathnayake D, et al (2010) Innovative use of spironolactone as an antiandrogen in the treatment of female pattern hair loss. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/120510769/
Sadeghzadeh Bazargan A, et al. (2024) The efficacy of the combination of topical minoxidil and oral spironolactone compared with the combination of topical minoxidil and oral finasteride in women with androgenic alopecia, female and male hair loss patterns: A blinded randomized clinical trial. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37650533/
Seyed Jafari SM, et al. (2024) Safety of Antiandrogens for the Treatment of Female Androgenetic Alopecia with Respect to Gynecologic Malignancies. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11172682/
Sinclair R, et al. (2005) Treatment of female pattern hair loss with oral antiandrogens. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15787815/
Sinclair RD. (2018) Female pattern hair loss: a pilot study investigating combination therapy with low-dose oral minoxidil and spironolactone. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29231239/
Singal A, et al. (2025) Exposure to 5-Alpha Reductase Inhibitors and Spironolactone Is Not Associated With Increased Odds of Gynecologic Tumors in a Large Cohort Study of Patients With Alopecia. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40400094/
Wang C, et al. (2023) The Efficacy and Safety of Oral and Topical Spironolactone in Androgenetic Alopecia Treatment: A Systematic Review. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10010138/
Werachattawatchai P, et al. (2025) Efficacy and safety of oral spironolactone for female pattern hair loss in premenopausal women: a randomized, double-blind, placebo-controlled, parallel-group pilot study. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40978669/
