Key Takeaways
Microneedling kann das Haarwachstum anregen, zeigt jedoch die besten Ergebnisse in Kombination mit anderen Therapien wie Minoxidil.
Die Wahl der Nadellänge und die Anwendungsfrequenz spielen eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Behandlung.
Die Methode ist vielversprechend, aber standardisierte Empfehlungen hinsichtlich der Anwendung fehlen.
Microneedling erfreut sich wachsender Beliebtheit – nicht nur für klassische Hautprobleme, wie Pigmentstörungen oder andere Unregelmäßigkeiten, sondern auch als Lösung gegen Haarausfall. Viele schätzen, dass man dabei ohne Medikamente auskommt und ein Dermaroller, ein Gerät zur Durchführung der Behandlung, über diverse (Online-)Shops leicht zu bekommen ist. Doch hält diese Methode, was sie verspricht? Und ist sie vielleicht auch etwas für dich?
Was ist Microneedling eigentlich genau?
Microneedling ist eine Technik, bei der der Haut mit feinen Nadeln kleine Wunden zugefügt werden. Dies soll dazu führen, dass Wachstumsfaktoren und bestimmte Signalproteine freigesetzt werden, sowie die Durchblutung verbessert und Narbenbildung reduziert wird. Die Nadellänge bewegt sich dabei im Bereich von 0,25 mm bis 5 mm, wobei bei Haarausfall meist nur maximal 2 mm lange Nadeln zum Einsatz kommen.
Neben der Reduzierung von Narben versprechen sich Anwender:innen mittels Microneedling auch andere Hautschäden und Pigmentstörungen zu minimieren oder auch das Haarwachstum anzukurbeln. Dies wird erreicht, indem mehr Kollagen und Elastin gebildet werden und die Produktion neuer Hautzellen angeregt wird. Zusätzlich soll Microneedling auch die Aufnahme von auf die Haut aufgetragenen Wirkstoffen, wie beispielsweise Minoxidil, verbessern.
Wirksamkeit von Microneedling gegen Haarausfall
In den letzten 15 Jahren wurden diverse Studien zu Microneedling durchgeführt – sowohl in Form von Microneedling als Monotherapie als auch in Kombination mit anderen Mitteln wie beispielsweise Minoxidil. Bei der Bewertung der Wirksamkeit muss auch nach der Art des Haarausfalls unterschieden werden. Studien existieren sowohl zu erblich bedingtem Haarausfall als auch zu Alopecia areata (auch als kreisrunder Haarausfall bekannt).
Grundsätzlich lassen sich die vorliegenden Studien nur schwer vergleichen, da diverse ausschlaggebende Parameter variieren – die Geräteart, Nadellänge, Anwendungsdauer, Intervalle zwischen Anwendungen oder auch Kombinationstherapien mit verschiedenen Mitteln.
Microneedling bei erblich bedingtem Haarausfall
Monotherapie
- Die Studienergebnisse sind nicht eindeutig: In manchen Untersuchungen wurden signifikante Verbesserungen festgestellt, in anderen waren die Unterschiede statistisch nicht signifikant.
- Eine längere Behandlungsdauer sowie eine häufigere Anwendung haben einen positiven Einfluss auf die Ergebnisse.
Kombinationstherapie
- Die Mehrheit der Studien legt nahe, dass Microneedling in Kombination mit Minoxidil effektiver ist als Minoxidil alleine. In den Studien, die zu diesem Schluss kamen, wurden Nadellängen von 0,6 mm bis 2,5 mm eingesetzt. Eine einzelne Studie mit 0,25 mm langen Nadeln konnte hingegen keine signifikanten Unterschiede nachweisen.
- Auch andere Anwendungen wie PRP könnten von der Kombination mit Microneedling profitieren.
Microneedling scheint vor allem in Kombination mit anderen Therapien hilfreich zu sein. Beispielsweise wird Minoxidil erst im Körper aktiviert und benötigt dafür das körpereigene Enzym Sulfotransferase – spannenderweise kann Microneedling die Aktivität des Enzyms um 37,5% steigern und dadurch Minoxidil gegebenenfalls noch wirksamer machen. Das ist besonders für diejenigen interessant, die nicht optimal auf Minoxidil alleine ansprechen.
Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass Microneedling die Ursache des erblich bedingten Haarausfalls – nämlich die Sensibilität gegenüber dem Hormon Dihydrotestosteron – nicht bekämpft. Das bedeutet, Microneedling wirkt ähnlich wie Minoxidil als Wachstumsbooster, bekämpft jedoch nicht die Ursache an sich, wie dies beispielsweise Finasterid tut.
Microneedling bei Alopecia areata
Monotherapie
- Wie bei erblich bedingtem Haarausfall ist sich die Wissenschaft hier nicht ganz einig: Zwei Studien berichteten von signifikanten Verbesserungen durch Microneedling bei Alopecia areata, während eine andere Studie keine statistisch relevanten Veränderungen feststellen konnte.
Kombinationstherapie
- Microneedling in Kombination mit photodynamischer Therapie (eine spezielle Lichttherapie), PRP oder Minoxidil führte zu guten Ergebnissen.
- Bei schweren Formen des kreisrunden Haarausfalls, wie etwa bei Alopecia totalis, könnte die Wirksamkeit jedoch eingeschränkt sein.
Die Studienlage ist derzeit noch nicht ausreichend, um eine Wirksamkeit von Microneedling bei Alopecia areata bestätigen zu können. Bisherige Untersuchungen zeigen jedoch Potenzial, vor allem wenn Microneedling mit anderen Mitteln kombiniert wird.
Mehr dazu hier: Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata)
Mögliche Nebenwirkungen: Wie sicher ist Microneedling?
Grundsätzlich sind schwerwiegende Nebenwirkungen bei Microneedling selten. Mögliche Reaktionen umfassen Rötungen, leichte Blutungen, vorübergehende Schmerzen und Hautreizungen. Bei unsachgemäßer Anwendung oder fehlender Hygiene können Infektionen, Hyperpigmentierung oder in seltenen Fällen Narben entstehen. Personen mit Hauterkrankungen wie Akne oder Rosazea sollten vorab einen Arzt konsultieren.
Die Nadeln sollten nach jeder Anwendung gründlich sterilisiert werden. Zudem ist es wichtig, Anwendungsgeräte nicht mit anderen zu teilen!
Welche Nadellänge ist optimal für Haarwachstum?
Microneedling kannst du entweder selbst zu Hause oder als Behandlung bei Hautärzt:innen durchführen. Dafür kommen entweder Dermaroller, elektrische Stifte (sogenannte Dermapens) oder auch Needling-Stempel (seltener genutzt) zum Einsatz.
Dermaroller sind einfacher in der Anwendung als Dermapens und werden daher meist zu Hause genutzt, während Dermapens vorwiegend von Hautärzt:innen eingesetzt werden. Obwohl Dermapens leichte Vorteile in ihren Eigenschaften bieten, sind beide Geräte für den Einsatz gegen Haarausfall geeignet.

Typischerweise sind die Nadeln für den Heimgebrauch kürzer als jene in ärztlichen Praxen. Für die Anwendung zu Hause werden in der Regel Nadellängen zwischen 0,5 mm und 1,0 mm verwendet. Von der privaten Nutzung längerer Nadeln wird abgeraten, da du dadurch potenziell die Haut stärker reizt bzw. sogar die Haarfollikel verletzen könntest. In dermatologischen Praxen werden hingegen auch 1,5 mm lange Nadeln eingesetzt. Je länger die Nadeln, desto mehr Zeit sollte zwischen den Behandlungen vergehen, damit die kleinen Wunden ausreichend Zeit zur Heilung haben.
Es gibt bisher keine klaren wissenschaftlichen Empfehlungen, welche Nadellänge die besten Ergebnisse liefert.
Anleitung zur Anwendung von Microneedling gegen Haarausfall
Bisher existieren leider noch keine offiziellen „Best Practices“ für die Anwendung von Microneedling, da die verschiedenen Varianten nicht ausreichend untersucht wurden.
Eine Behandlung bei Ärzt:innen (oder auch zu Hause) verläuft jedoch typischerweise wie folgt:
- Optional wird vor der Behandlung eine betäubende Creme aufgetragen, um die Schmerzen zu reduzieren.
- Die Kopfhaut wird mit Ethanol oder Betaisadona (Povidon-Iod) desinfiziert, um zu verhindern, dass Bakterien in die entstehenden Mikroverletzungen gelangen.
- Mit einer Nadellänge zwischen 0,5 und 1,5 mm wird insgesamt 15-20 Mal vertikal, horizontal und diagonal über die zu behandelnden Stellen gerollt (im Falle eines Dermarollers).
- Im Anschluss werden eventuell auftretende kleinere Blutungen abgewaschen und eine antibiotische Creme aufgetragen.

Wichtige Hinweise:
- Nach der Behandlung sollte mit der Anwendung von Minoxidil 24 Stunden gewartet werden, um Hautirritationen zu vermeiden.
- Die Behandlung sollte regelmäßig erfolgen – je nachdem, wie gut sich die Haut dazwischen erholt (wenn möglich einmal wöchentlich).
- Die Nadeln müssen nach jeder Nutzung gründlich mit Alkohol desinfiziert werden – einen solchen Alkohol erhältst du in der Apotheke.
Microneedling zu Hause oder in der Praxis – was ist besser?
Theoretisch kannst du die Behandlung sowohl zu Hause als auch in der Hautarztpraxis durchführen. Die ärztliche Durchführung bringt Vorteile wie eine sterilere Umgebung und fachkundiges Personal. Allerdings ist sie auch mit höheren Kosten verbunden.
Hinsichtlich der Wirksamkeit gibt es bisher keine ausreichenden Daten, um zu Hause oder in der Praxis klar zu bevorzugen. Studien zeigen jedoch, dass auch die Heimanwendung zu einer signifikanten Verbesserung führen kann.
Wenn du dir unsicher bist, kannst du die erste Behandlung gemeinsam mit einem Arzt oder einer Ärztin durchführen, um die optimale Technik zu üben. Wenn du ausreichend Sicherheit gewonnen hast, kannst du zur Heimanwendung wechseln und so langfristig Kosten sparen.
Fazit
Microneedling ist eine vielversprechende Behandlungsmethode gegen erblich bedingten Haarausfall – insbesondere in Kombination mit anderen Mitteln wie Minoxidil. Sie kann sowohl von Frauen als auch von Männern angewendet werden und dient als Wachstumsbooster für die Haare.
Da bislang keine einheitliche Guideline zur Anwendung existiert, ist insbesondere bei der Anwendung zu Hause Vorsicht geboten. Es empfiehlt sich, mit geringen Nadellängen zu starten, sowie penibel auf eine gute Hygiene zu achten, um Infektionen zu vermeiden.
Quellen
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