Key Takeaways
PRP kann das Haarwachstum fördern, es sind jedoch mehrere Sitzungen nötig und die Wirksamkeit ist nicht eindeutig belegt.
Die besten Ergebnisse mit PRP werden oft in Kombination mit anderen Therapien wie Minoxidil, Finasterid oder Microneedling erzielt.
Die Kosten für PRP sind vergleichsweise hoch und ein einheitlicher Behandlungsstandard fehlt bisher.
Plättchenreiches Plasma, besser bekannt unter der Abkürzung PRP, ist eine vergleichsweise neue Behandlungsmethode gegen Haarausfall für Frauen und Männer. Dabei werden Teile des eigenen Blutes, nämlich das blutplättchenreiche Plasma, in die Kopfhaut injiziert. Häufig wird diese Therapie als Wundermittel angepriesen und bei Haartransplantationen hat sie sich gar als empfohlene Zusatzbehandlung etabliert. Mittlerweile sind auch viele Hautärzt:innen auf das Thema aufgesprungen und bieten PRP in ihren Praxen an.
Günstig ist das Ganze jedoch keinesfalls – und es bleibt in der Regel nicht bei einer einmaligen Behandlung. Doch kann PRP mit dem Hype überhaupt mithalten oder handelt es sich eher um ein äußerst lukratives Geschäft für die Praxen? Wir haben die Fakten für dich zusammengetragen.
Was ist PRP?
PRP wird aus dem körpereigenen Blut gewonnen. Damit man zu diesem speziellen Teil des Blutes kommt, muss das Blut zuerst mithilfe einer Zentrifuge in seine Bestandteile aufgeteilt werden. Man erhält dadurch quasi geschichtetes Blut – ganz unten sammeln sich die roten Blutkörperchen, darüber ist eine ganz feine Schicht, die aufgrund ihres Aussehens als „Buffy Coat“ bezeichnet wird und noch einmal darüber befindet sich das Plasma. Im untersten Teil des Plasmas sammelt sich das Elixier: das plättchenreiche Plasma. „Plättchenreich“ deshalb, weil es eine sehr hohe Dichte an Blutplättchen hat. Diese sind deshalb so begehrt, weil in ihnen wertvolle Wachstumsfaktoren gespeichert werden, die bei der Zellteilung, der Bildung neuer Blutgefäße und der Wundheilung helfen.

Grundsätzlich wird zwischen zwei PRP-Varianten unterschieden: nicht-aktiviertes PRP (A-PRP) und aktiviertes PRP (AA-PRP). Nicht-aktiviertes PRP gibt die Wachstumsfaktoren langsam ab und wirkt nachhaltiger, während aktiviertes PRP sie sofort freisetzt und daher schneller und kürzer wirkt. Aktiviertes PRP ist aber nicht zwangsläufig besser – es gibt sogar Studien, die zeigen, dass nicht-aktiviertes PRP zu besserem Haarwachstum führt.
In bestimmten Fällen möchte man mehr weiße Blutkörperchen, auch Leukozyten genannt, im PRP haben. Um das zu erreichen, werden zusätzlich zur untersten Plasmaschicht noch Teile des Buffy Coats beigemengt. Man spricht dann von leukozytenreichem PRP (LR-PRP), wohingegen die reguläre Version das leukozytenarme PRP (LP-PRP) ist. In der Regel wird bei PRP-Anwendungen gegen Haarausfall LP-PRP gewählt.
„Plättchenreiches Plasma ist ein Konzentrat von Blutplättchen, die reich an Wachstumsfaktoren sind.“
Plättchenreiches Plasma wird in verschiedenen medizinischen Fachbereichen wie der Dermatologie, Chirurgie, Sportmedizin oder auch in der Orthopädie eingesetzt. In der Dermatologie spielt es neben der Behandlung von Haarausfall beispielsweise auch eine wichtige Rolle bei der Narbenkorrektur und Geweberegeneration.
PRP gegen Haarausfall
PRP wird vor allem gegen erblich bedingten und kreisrunden Haarausfall eingesetzt – zugelassen ist es dafür aber eigentlich gar nicht. Ärzt:innen setzen es „off-label“ ein, da es in einigen Studien gute Ergebnisse gezeigt hat. „Off-label“ bedeutet, dass Ärzt:innen die Behandlung zwar anwenden dürfen, die Wirkung für den speziellen Anwendungsfall jedoch nicht offiziell von den zuständigen Behörden bestätigt wurde.
Im Fall von Haarausfall soll PRP gleich dreifach wirksam sein: Es soll das Zellsterben verhindern, die Wachstumsphase der Haare verlängern und die Durchblutung der Kopfhaut verbessern.
„PRP wird bei Haarausfall eingesetzt, um dem Sterben der Haarfollikelzellen vorzubeugen, die Haare länger in der Wachstumsphase zu behalten und die Kopfhautdurchblutung zu verbessern.“
Vorteile von PRP
- Therapie mit körpereigener Substanz (Eigenblutbehandlung und daher praktisch kein Risiko für Abstoßungsreaktionen)
- Kaum bekannte schwerwiegende Nebenwirkungen
- Kein Rezept notwendig
Nachteile von PRP
- Ungewisse Wirksamkeit (uneinheitliche Studienlage, keine standardisierten Behandlungsprotokolle)
- Mehrere Sitzungen notwendig (oft 3-6 Sitzungen für erste Ergebnisse, regelmäßige Auffrischungen erforderlich)
- Arztbesuch erforderlich
- Relativ hohe Kosten
Ablauf einer PRP-Behandlung
Es ist immer gut zu wissen, was einem bevorsteht – vor allem, wenn Nadeln im Spiel sind. Typischerweise läuft die Behandlung so ab:
- Blutabnahme: Meist werden 10 bis 60 ml Blut abgenommen.
- Hinzufügen von Gerinnungshemmern: Damit das Blut außerhalb deines Körpers nicht sofort verklumpt, werden Substanzen hinzugefügt, die Gerinnung (also das „Klumpigwerden“) hemmen.
- Zentrifugierung: Um nun an den einen spezifischen Anteil im Blut zu gelangen, nämlich an das PRP, wird das Blut in einer Zentrifuge mit hoher Geschwindigkeit gedreht. Dadurch teilt es sich in drei Schichten auf – eine dieser Schichten ist das plättchenreiche Plasma.
- Aktivierung (optional): Beim aktivierten PRP werden im Anschluss bestimmte Substanzen hinzugefügt, um die Blutplättchen zu aktivieren, sodass sie die Wachstumsfaktoren bereits vor der Injektion freisetzen. Normalerweise geschieht die natürliche Aktivierung erst durch den Kontakt mit Gewebe im Körper.
- Injektion in die Kopfhaut: Das gewonnene PRP wird mit feinen Nadeln direkt in die betroffenen Bereiche der Kopfhaut injiziert.

Eine einheitliche Guideline, wie die PRP-Behandlung genau ablaufen soll, gibt es bislang hingegen leider nicht. Das heißt, Ärzt:innen führen die Behandlung nach individuellem Ermessen durch. Das betrifft nicht nur die empfohlene Häufigkeit, sondern auch Details wie die Konzentration des plättchenreichen Plasmas und die Art der Aktivierung. Falls du dich jedoch an einer führenden Studie orientieren möchtest, dann rechne mit 3 Sitzungen im Abstand von je 1 Monat und danach alle 3–6 Monate Auffrischungen zur Erhaltung des Ergebnisses.
Kosten von PRP
Die Preise pro Sitzung liegen meist zwischen 200 und 500 Euro, können aber je nach Praxis, Region und verwendeter PRP-Methode stark variieren. Ein Preisvergleich lohnt sich also in jedem Fall.
Was sagt die Wissenschaft zu PRP?
Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2021 zeigte, dass zwar bereits einige Studien zu PRP gegen Haarausfall existieren, die meisten jedoch Mängel und mögliche Verzerrungen (wie fehlende Verblindungen oder hohe Abbruchraten) aufweisen. 2018 wurde eine S3-Leitlinie veröffentlicht, die PRP (noch) als eine der weniger effektiven Behandlungsmöglichkeiten gegen erblich bedingten Haarausfall klassifiziert – der Grund dafür war ebenfalls die geringe Anzahl an qualitativen Studien. Allerdings hat sich die wissenschaftliche Situation in den letzten Jahren doch etwas verbessert.
S3-Leitlinien sind evidenzbasierte medizinische Behandlungsrichtlinien, die von Fachgesellschaften, Expert:innen und Wissenschaftler:innen entwickelt werden, um standardisierte Therapieempfehlungen zu geben.
Erblich bedingter Haarausfall
Im Schnitt zeigen Studien, dass mittels PRP eine recht deutliche Zunahme der Haardichte um 25,6 Haare pro cm² erzielt werden konnte. Das unterstreicht das große Potenzial dieser Behandlungsmethode. Allerdings wird die Qualität der Studien insgesamt als niedrig eingeordnet.
Einmalige Anwendungen zeigen kaum Effekte – gute Ergebnisse werden überwiegend mit mehreren Sitzungen erzielt.
PRP kann auch sinnvoll in einer Kombination mit Finasterid und/oder Minoxidil sein. In Studien zeigten die Kombinationen durchwegs gute Wirkungen, sogar auch dann, wenn bei Personen Finasterid oder Minoxidil initial wenig wirksam war. Bislang ist die Kombination mit Minoxidil besser untersucht als diejenige mit Finasterid. Auch die Kombination mit Microneedling kann hilfreich sein und zeigt meistens bessere Ergebnisse als PRP alleine.
„Es benötigt mehrere Behandlungen, um Erfolge zu sehen.“
Kreisrunder Haarausfall: PRP vs. Kortison
Bei Patient:innen mit kreisrundem Haarausfall konnten zwischen den Behandlungen mit Kortison und denen mit PRP in einigen Studien keine signifikanten Unterschiede in ihrer Wirksamkeit festgestellt werden. Leider ist bei der Behandlung von kreisrundem Haarausfall die Rückfallquote grundsätzlich relativ hoch – und das ändert sich auch nicht mit PRP. Ein Rückfall ist mit Kortison und PRP etwa gleich wahrscheinlich. Allerdings gilt auch hier, dass die Studienqualität überschaubar ist.
Auch wenn die Mehrheit der Studien zu dem Ergebnis kommt, sagen jedoch auch einige Untersuchungen, dass Kortison-Injektionen effektiver sind als PRP, da sie eine stärkere immunsuppressive Wirkung haben.
Diffuser Haarausfall
Die meisten Studien zur Wirksamkeit von PRP konzentrieren sich auf erblich bedingten Haarausfall und kreisrunden Haarausfall. Es gibt jedoch Untersuchungen, ob PRP auch bei diffusem Haarausfall helfen kann, insbesondere wenn dieser durch COVID-19 verursacht ist. PRP könnte hier unterstützend wirken, wird aber aufgrund der begrenzten wissenschaftlichen Datenlage nicht als Standardtherapie empfohlen. Entscheidend bei diffusem Haarausfall ist es, die zugrundeliegende Ursache zu identifizieren und gezielt zu behandeln.
Wenn du an diffusem Haarausfall beispielsweise aufgrund einer Schilddrüsenhormonstörung leidest, ist der wichtigste Schritt, deine Schilddrüse präzise einstellen zu lassen. Dein Haarausfall wird sich anschließend wieder von selbst regulieren. Eine PRP-Behandlung ist hier zwar unterstützend möglich, aber mit etwas Geduld bereitest du nicht nur dir, sondern auch deinem Geldbeutel eine Freude. Alternativ kannst du zu budgetfreundlicherem Minoxidil und Microneedling greifen, um das Haarwachstum zu fördern.
Haartransplantation und PRP
Bei einer Haartransplantation möchte man, dass so viele der verpflanzten Haarfollikel wie nur irgendwie möglich auch in der neuen „Heimat“ wieder wirklich wachsen. Wer schenkt denn auch schon gerne Haarfollikel her? Doch genau das, diese Anwuchsrate, liegt nie bei 100%. Daher setzt man alles daran, sie so hoch wie möglich zu treiben – und einer der Helfer hierfür ist PRP.
PRP kann das Ergebnis einer Haartransplantation verbessern, indem es die Haarfollikel stärkt, das Anwachsen der Grafts fördert und die Haardichte sowie -dicke erhöht. Zudem beschleunigt es die Heilung, beschleunigt das Haarwachstum und verringert den anfänglichen Haarverlust nach der Transplantation.
Eine Studie zeigte, dass bei Haartransplantationen mit PRP nach 6 Monaten bei allen Probanden mehr als 75% der transplantierten Haarfollikel wuchsen, während in der Kontrollgruppe nur 20% ein Wachstum von über 75% der verpflanzten Haare verzeichnen konnten. PRP wurde in der Studie einmalig angewendet und zwar kurz bevor die Haarfollikel eingesetzt wurden. Viele Kliniken empfehlen mehrere PRP-Sitzungen, um das Wachstum der transplantierten Haare zu verbessern – Studien gibt es dazu bislang allerdings nicht.
Siehe auch: Haartransplantation
Einflussfaktoren auf die Wirksamkeit
PRP bei (erblich bedingtem) Haarausfall wirkt nicht bei allen gleich gut. Es gibt einige Faktoren, die die Wirksamkeit beeinflussen.

Geschlecht: Männer sprechen auf PRP besser an als Frauen.
Schwere des Haarausfalls: Bessere Ergebnisse sind bei leichterem Haarausfall (Norwood III–IV) zu erwarten.
Dauer des Haarausfalls: Je kürzer der Haarausfall besteht, desto besser ist die Reaktion auf PRP, aber auch langjährig Betroffene können profitieren.
Alter: Jüngere Patient:innen (< 40 Jahre) erzielen bessere Ergebnisse.
Haartyp: Patient:innen mit feinen Vellushaaren erzielen bessere Ergebnisse als jene mit wenigen Terminalhaaren.
Risiken und Nebenwirkungen
Der Einsatz von spitzen Nadeln auf der Kopfhaut klingt erstmal gefährlich, die Risiken und Nebenwirkungen sind aber tatsächlich relativ gering. Und wenn Nebenwirkungen auftreten, dann meist direkt. Dazu zählen
- Schmerzen an der Einstichstelle;
- Hautrötungen;
- Brennen;
- Schwellung;
- geringfügige Blutungen; und
- Kopfschmerzen.
Starke Nebenwirkungen sind grundsätzlich auch deshalb unwahrscheinlich, da das plättchenreiche Plasma aus deinem eigenen Blut stammt und somit deinem Körper nichts extern zugeführt wird.
Das heißt aber nicht, dass automatisch jede:r für PRP geeignet ist. Ganz im Gegenteil, denn Personen mit bestimmten Erkrankungen sollten oder müssen darauf verzichten:
PRP darf nicht angewendet werden bei schwerem Mangel an Blutplättchen, Blutgerinnungsstörungen, Kreislaufproblemen, Blutvergiftung oder Infektionen an der Behandlungsstelle.
PRP sollte vermieden oder mit Vorsicht angewendet werden bei kürzlich eingenommenen entzündungshemmenden Medikamenten oder Kortison, aktuellen Infekten, bestimmten Krebserkrankungen, Blutarmut, niedriger Anzahl an Blutplättchen oder wenn du rauchst.
Fazit
PRP ist eine vielversprechende Alternative zur Behandlung von Haarausfall, vorausgesetzt du hast keine Angst vor Nadeln und etwas Kleingeld beiseite, denn eine einmalige Sitzung zeigt sich relativ wirkungslos. Die besten Ergebnisse erzielst du aber in Kombination mit anderen Therapien wie Minoxidil, Finasterid oder Microneedling – das zeigt sich trotz ausbaufähiger Studienlage jetzt bereits eindeutig.
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