Key Takeaways
Haarausfall tritt bei rund 20% der Betroffenen als Spätfolge einer Corona-Infektion auf.
Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer.
In den meisten Fällen ist der Haarausfall vorübergehend und erfordert keine spezielle Therapie.
Eine COVID-19-Infektion kann vor allem für gesundheitlich vorbelastete Menschen ein ernstzunehmendes Risiko darstellen. Doch auch bei jungen, gesunden Personen bleibt sie häufig nicht ohne Folgen: Selbst nach dem Abklingen der akuten Symptome berichten viele Betroffene noch Monate später von Hautproblemen oder Haarausfall. Tatsächlich geben über 20 % der Erkrankten an, im Anschluss an die Infektion unter verstärktem Haarausfall zu leiden.
Doch wie kommt es dazu? Woran kannst du erkennen, ob die Corona-Infektion der Auslöser für deinen Haarausfall ist? Und was lässt sich dagegen tun – oder sollte man überhaupt etwas unternehmen? Wir geben dir Antworten!
Darum kommt es nach einer Corona-Infektion zu Haarausfall
Die genauen Ursachen für Haarausfall nach einer COVID-19-Erkrankung sind noch nicht vollständig erforscht. Man geht aber davon aus, dass ein bestimmter Entzündungsstoff namens Interleukin-6 (IL-6), der vermehrt bei schweren Krankheitsverläufen auftritt, eine wesentliche Rolle spielt. IL-6 kann das Haarwachstum hemmen und die Regeneration der Haarwurzeln beeinträchtigen. Interessanterweise tritt der Haarausfall nach einer Infektion aber eher bei Personen mit einem milden Verlauf auf – eine Erklärung gibt es dafür bislang nicht.
Weitere mögliche Auslöser sind psychischer Stress durch die Erkrankung, ein Vitamin-D-Mangel, direkte Schädigungen der Haarfollikel durch das Virus sowie eine durch Covid bedingte Schilddrüsenunterfunktion.
In der Regel tritt der Haarausfall etwa zwei Monate nach der Infektion auf. Bei rund drei Vierteln der Betroffenen handelt es sich um ein sogenanntes telogenes Effluvium. Dabei befinden sich ungewöhnlich viele Haare in der Ruhephase (Telogenphase), wodurch das Haar insgesamt dünner erscheint. Das telogene Effluvium ist daher eine Art des diffusen Haarausfalls und konzentriert sich nicht auf konkrete Stellen wie die klassischen Geheimratsecken. Aber keine Sorge: Die Haarfollikel werden bei dieser Art von Haarausfall nicht zerstört, sondern schlummern, bis sie wieder in das Wachstum übergehen.

Seltener tritt ein kreisrunder Haarausfall, auch bekannt als Alopecia areata, auf. Hierbei fallen die Haare in klar abgegrenzten, runden Arealen aus – mitunter sogar am gesamten Körper. Auch bei dieser Form bleiben die Haarfollikel aber in der Regel erhalten, was eine mögliche Rückkehr zum regulären Haarwachstum erlaubt. Allerdings ist hier die Regeneration schwieriger und es kommt häufig zu Rückfällen.
Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer (82,8 % vs. 17,2 %). Eine mögliche Erklärung hierfür liegt in hormonellen Veränderungen infolge der Infektion: Ein Absinken der Östrogen- und Progesteronspiegel kann sich negativ auf die Haarfollikel auswirken, da diese Hormone normalerweise einen schützenden Effekt auf das Haarwachstum haben.
Die Rolle von erblich bedingtem Haarausfall bei schweren Corona-Verläufen
Interessanterweise wurde in mehreren Krankenhäusern beobachtet, dass überproportional viele Menschen mit stark ausgeprägtem erblich bedingtem Haarausfall einen schweren COVID-19-Verlauf erlitten. In der Forschung wurde dieses Phänomen als Gabrin-Zeichen bekannt. Dabei wird jedoch nicht vermutet, dass der schwere Krankheitsverlauf den Haarausfall verursacht. Vielmehr könnte erblich bedingter Haarausfall ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf sein. Ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang besteht, ist bislang noch unklar und bedarf weiterer Forschung.
Die Rolle von Corona-Impfungen bei Haarausfall
In seltenen Fällen kann es nach einer SARS-CoV-2-Impfung zu Haarausfall kommen. Es handelt sich dabei um kreisrunden Haarausfall. In schwereren Fällen kann über die vereinzelten haarlosen Flecken hinaus sogar ein vollständiger Haarverlust auf dem Kopf (Alopecia totalis) oder sogar am ganzen Körper (Alopecia universalis) auftreten. Der Haarausfall kann neu auftreten oder einen bereits bestehenden kreisrunden Haarausfall wieder aktivieren.
Als mögliche Ursache wird die sogenannte molekulare Mimikry diskutiert. Dabei verwechselt das Immunsystem körpereigene Strukturen mit Bestandteilen des Impfstoffs. Auch die Bildung von Autoantikörpern, also Antikörpern, die sich gegen das eigene Gewebe richten, könnte eine Rolle spielen. Darüber hinaus können bestimmte Hilfsstoffe im Impfstoff (Adjuvantien) ein autoimmunes oder entzündliches Syndrom auslösen, das zu Haarausfall führt.

Solche Reaktionen nach einer Impfung treten vor allem bei Personen auf, die eine genetische Veranlagung für Autoimmunerkrankungen mitbringen.
In einer Studie wurden im Irak 580 Personen (Frauen und Männer) befragt, ob sie nach der Impfung an Haarausfall litten. 17,4 % der Teilnehmenden berichteten über einen solchen – geimpft wurde mit den Impfstoffen Moderna, Biontech oder Johnson & Johnson. Die Ergebnisse deuten auf einen möglichen Zusammenhang hin, jedoch erlaubt das auf Selbstauskünften basierende Studiendesign ohne Vergleichsgruppe keine kausalen Schlussfolgerungen. Denkbar ist etwa, dass der Haarausfall auch im Zusammenhang mit psychischem Stress während der Pandemie stand, etwa durch Lockdowns, soziale Isolation oder berufliche Unsicherheiten.
Interessanterweise zeigt eine Studie aus Japan und Südkorea beispielsweise ein anderes Bild als die Studie aus dem Irak: Personen mit mindestens zwei Impfungen hatten bei einer nachfolgenden COVID-19-Infektion ein geringeres Risiko, kreisrunden Haarausfall zu entwickeln, als ungeimpfte Personen. Besonders bei schweren Verläufen ohne Impfung stieg das Risiko für kreisrunden Haarausfall deutlich an. Die Impfung könnte hier also sogar einen gewissen Schutz bieten.
Um einen möglichen Zusammenhang zwischen Impfungen und Haarausfall wirklich beurteilen zu können, braucht es künftig Studien mit Vergleichsgruppen und verlässlicher Diagnostik.
Behandlung von Haarausfall bei Corona
In den meisten Fällen muss der Haarausfall nicht explizit behandelt werden. Beim telogenen Effluvium steht die Behandlung der zugrunde liegenden Ursache, in diesem Fall der COVID-19-Infektion, im Vordergrund. Sobald der Auslöser eliminiert wird, normalisiert sich der Haarzyklus in der Regel von selbst. Hier ist vor allem Geduld gefragt, denn das Haarwachstum verläuft relativ langsam: Im Durchschnitt dauert es etwa 5-6 Monate, bis der Haarausfall wieder abklingt.
Standardisierte Therapien gegen Haarausfall nach einer COVID-19-Infektion gibt es bislang noch nicht. Es wird aber diskutiert, ob Behandlungen wie PRP, Low-Level Lasertherapie, Microneedling oder Stammzellentherapien die Regeneration beschleunigen können. Gesichert ist das allerdings bislang nicht und die Behandlungskosten dafür sind relativ hoch.

Bleibt die Besserung auch nach 6-8 Monaten aus, kann es sich um eine chronische Form des Haarausfalls oder um eine andere bzw. kombinierte Ursache handeln. In solchen Fällen könnten zusätzlich zu den bereits diskutierten Therapien Behandlungsoptionen wie topische Kortikosteroide, Minoxidil oder Finasterid sinnvoll sein. Dabei ist es jedoch entscheidend, dass du gemeinsam mit einem Arzt oder einer Ärztin die spezifischen Ursachen identifizierst. So wird Finasterid typischerweise bei erblich bedingtem Haarausfall eingesetzt, während topische Kortikosteroide bei entzündlichen Erkrankungen wie kreisrundem Haarausfall Anwendung finden.
Fazit
Eine Corona-Infektion kann durchaus Haarausfall auslösen. Da sich dieser in der Regel wieder von selbst erholt, ist es sinnvoll, zunächst abzuwarten, bis das Haarwachstum wieder einsetzt. Wenn du dir jedoch unsicher bist, ob der Haarausfall nur durch die Infektion verursacht ist, scheue dich nicht davor, einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen, um andere Ursachen auszuschließen – insbesondere dann, wenn sich die Symptome verschlimmern oder über längere Zeit keine Besserung eintritt.
Quellen
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