Key Takeaways
Die hormonelle Umstellung macht Haarfollikel empfindlicher für Haarausfall. Die Folge ist häufig diffuser Haarausfall. Hier ist vor allem Geduld und gute Nährstoffversorgung gefragt.
Jede zweite Frau nach den Wechseljahren ist von androgenetischem Haarausfall betroffen, erkennbar an einem lichter werdenden Scheitel. Die bewährteste topische Behandlung ist Minoxidil. Als orale Therapien werden unter anderem Spironolacton oder Finasterid eingesetzt. Ergänzend können Methoden wie PRP oder Low-Level-Lasertherapie das Haarwachstum unterstützen.
In seltenen Fällen tritt eine frontale fibrosierende Alopezie auf, die irreversibel ist. Hier bedarf es dringend ärztlicher Hilfe.
Hitzewallungen, Nachtschweiß, Schlafprobleme, Kopfschmerzen – und jetzt auch noch Haarausfall. Die Wechseljahre fordern Frauen einiges ab! Doch nachdem du in etwa 30 % deiner Lebenszeit nun mit komplett veränderten Hormonspiegeln verbringen wirst, ist es an der Zeit, dein neues Ich kennenzulernen. Wie jede Lebensphase birgt auch diese ihre Herausforderungen. Also lass uns genauer hinschauen, wie wir dein Wohlbefinden steigern und dem Haarausfall in den Wechseljahren den Kampf ansagen können.
Was passiert in den Wechseljahren?
Das weibliche Leben ist geprägt von vielen hormonellen Veränderungen. Etwa 30 Jahre lang hat dein Körper jeden Monat eine Eizelle zur Reifung gebracht und auf die Reise in die Gebärmutter geschickt. Doch nun haben sich die Lager der Follikel, die eine wichtige Rolle in der Hormonregulation haben, kritisch geleert, sodass eine neue Phase beginnt: die Wechseljahre. In dieser Zeit sinken die Östrogen- und Progesteronspiegel, während die Spiegel von FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon) steigen.
Die Wechseljahre umfassen mehrere Phasen. In der Prämenopause treten die ersten Veränderungen auf; die Perimenopause bezeichnet den Zeitraum um die Menopause; 12 Monate nach der Menopause beginnt die Postmenopause, in der keine stimulierbaren Follikel mehr vorhanden sind. Die Menopause selbst bezeichnet die letzte Menstruation.

Warum kommt es in den Wechseljahren zu Haarausfall und dünnerem Haar?
Neben vielen anderen Funktionen haben Hormone auch eine Wirkung auf unsere Haare. Sie sorgen nicht nur für unterschiedliche Behaarungsmuster bei Mann und Frau, sondern nehmen auch direkt Einfluss auf den Haarzyklus. Doch wie kommt es nun genau zu dünner werdendem Haar und Haarausfall in den Wechseljahren?
Wenn es um Haare geht, sind Östrogen und Progesteron unsere Freunde. Östrogen verlängert nämlich die Wachstumsphase von Haaren auf der Kopfhaut und verkürzt ihre Ruhephase. Damit verhilft es uns zu dichten, langen Haaren. Bei Progesteron wird angenommen, dass es die 5-alpha-Reduktase in den Haarfollikeln hemmt. Dabei handelt es sich um ein Enzym, das Testosteron in Dihydrotestosteron (DHT) umwandelt. DHT ist der Übeltäter bei erblich bedingtem Haarausfall, denn bei vielen Menschen reagieren die Haarfollikel sehr sensibel auf DHT, das sich an die Haarfollikel bindet. Es sorgt dafür, dass die Haare immer dünner werden und schließlich ausfallen. Genau hier hilft Progesteron: Indem es die 5-alpha-Reduktase hemmt, wird weniger DHT produziert. Progesteron beugt also quasi dem Haarausfall vor.
Vielleicht denkst du dir jetzt, dass bei Frauen Testosteron doch keine Rolle spielt. Allerdings haben auch Frauen Testosteron im Blut – nur eben wesentlich weniger als Männer. Außerdem steigt relativ betrachtet der Testosteronspiegel durch die sinkenden Östrogen- und Progesteronspiegel in den Wechseljahren an.
„Durch sinkende Östrogen- und Progesteronspiegel in den Wechseljahren werden die Haarfollikel anfälliger für Haarausfall.“
Welche Arten von Haarausfall kommen in den Wechseljahren vermehrt vor?
Wir erinnern uns: Unsere Freunde Östrogen und Progesteron nehmen im Laufe der Wechseljahre ab. Dadurch fällt der positive Reiz für die Wachstumsphase und der Schutz vor vermehrtem DHT weg. Das kann zu verschiedenen Arten von Haarausfall führen, bei vielen Frauen auch zu Mischformen. Bevor wir uns in den Kampf gegen dünner werdendes Haar in den Wechseljahren begeben, müssen wir also noch klären, wer genau unser Feind ist, denn für jeden Feind benötigen wir eine andere Strategie.

Diffuser Haarausfall in den Wechseljahren
Beim diffusen Haarausfall lichtet sich das Haar gleichmäßig über den gesamten Kopf. Ursächlich dafür ist die hormonelle Umstellung, die zu einer verkürzten Wachstumsphase führt, während mehr Haarfollikel gleichzeitig in die Ruhephase eintreten. Häufig wird der Haarausfall durch zusätzliche Faktoren wie Eisen- oder Vitamin-D-Mangel, Schilddrüsenveränderungen oder Stress verstärkt.
Diffuser Haarausfall, der oft als dünner werdendes Haar wahrgenommen wird, tritt in den Wechseljahren relativ häufig auf. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Dieser Haarausfall ist grundsätzlich vorübergehend, denn wenn die zugrunde liegende Ursache behoben ist – also das Hormonchaos und weitere Auslöser wieder reguliert sind – erholen sich auch die Haare wieder.
Mehr dazu hier: Diffuser Haarausfall
Androgenetischer Haarausfall bei Frauen
Bei androgenetischem Haarausfall handelt es sich um eine Art von Haarausfall, die hormonell und erblich bedingt ist. Viele Männer sind schon in jungen Jahren damit konfrontiert, doch auch vor Frauen macht er nicht halt. So ist etwa jede zweite Frau nach den Wechseljahren davon betroffen. Er kann in dieser Lebensphase neu in Erscheinung treten oder sich verstärken, da die Schutzwirkung des Östrogens nachlässt.
Während Männer Geheimratsecken und einen kahlen oberen Hinterkopf entwickeln, sieht dieser Haarausfall bei Frauen meist anders aus: Die frontale Haarlinie bleibt oft bestehen, jedoch lichtet sich der Scheitel zunehmend – manchmal scheint es von oben wie ein Tannenbaum auszusehen (Christbaum-Muster). Nur in sehr schweren Fällen sind die Schläfen und der obere Hinterkopf auch von Haarausfall betroffen. Eine vollständige Kahlköpfigkeit tritt jedoch nicht auf.
„Bei Frauen äußert sich erblich bedingter Haarausfall oft durch eine Lichtung im Scheitelbereich.“
Doch wie kommt es nun zu dieser Art des Haarausfalls und warum trifft er nur manche Frauen? Neben den bereits besprochenen hormonellen Veränderungen werden auch die Gene für den erblich bedingten Haarausfall verantwortlich gemacht. Außerdem wird vermutet, dass nicht die absolut vorhandene Menge an männlichen Hormonen (Androgenen) ausschlaggebend ist, sondern das Verhältnis zwischen Androgenen und Östrogenen. Aber ganz klar ist das alles noch nicht … Klar ist jedoch, dass androgenetischer Haarausfall nicht vorübergehend ist, sondern kontinuierlich voranschreitet.
Mehr dazu hier: Erblich bedingter Haarausfall (Androgenetische Alopezie)

Frontale fibrosierende Alopezie
Bei der postmenopausalen frontalen fibrosierenden Alopezie (FFA) handelt es sich um einen vernarbenden Haarausfall. Dabei werden die Haarfollikel durch Lymphozyten, eine Art von Immunzellen, zerstört. Warum diese Autoimmunreaktion stattfindet, ist bisher nicht geklärt. Allerdings scheinen die Gene und Hormone zur Entstehung beizutragen, da hauptsächlich Frauen nach der Menopause davon betroffen sind.
„Symmetrischer Haarverlust entlang der vorderen Haarlinie könnte auf vernarbenden Haarausfall hindeuten. Hier ist rasches Handeln entscheidend.“
Die frontale fibrosierende Alopezie ist durch einen symmetrischen Haarverlust an der gesamten vorderen Haarlinie gekennzeichnet. Ebenso können die Augenbrauen teilweise oder vollständig betroffen sein. Da es sich um einen irreversiblen Haarausfall handelt, ist es wichtig, diesen rasch zu diagnostizieren. Falls du davon betroffen sein könntest, raten wir dir, umgehend eine:n Dermatolog:in aufzusuchen – umso früher du eine sichere Diagnose hast, desto mehr Haare kannst du retten!
Das hilft wirklich gegen Haarausfall in den Wechseljahren
Bei diffusem Haarausfall sind vor allem Ursachenbeseitigung und Geduld gefragt. Achte auf eine gute Nährstoffzufuhr, ausreichend Schlaf und Stressreduktion. Unterstützend kannst du zu Minoxidil und Microneedling greifen, um das Wachstum anzukurbeln. Ebenso sind PRP und Low-Level Lasertherapien möglich.
Bei androgenetischem Haarausfall hingegen gilt es, gezielt DHT zu bekämpfen und das Haar zu stärken. Nachfolgende Behandlungen eignen sich bei dieser Ursache.

Medikamente zum Auftragen (topische Therapien)
- Minoxidil: Man könnte wohl sagen „der Klassiker“ bei Haarausfall. Minoxidil gibt es als 2%-ige und als 5%-ige Lösung. Es wird als Serum oder Schaum direkt auf die Kopfhaut aufgetragen.
- Ketoconazol: Bei Ketoconazol handelt es sich eigentlich um einen Wirkstoff gegen Pilze, der aber auch DHT reduziert und Entzündungen hemmt. Ketoconazol wird als Shampoo auf die Kopfhaut aufgetragen.
„Topisches Minoxidil in 2%-iger Form ist der einzige Wirkstoff, der derzeit für Frauen offiziell bei Haarausfall zugelassen ist. Es gibt aber auch andere Wirkstoffe wie Finasterid und Spironolacton, die bei hormonell bedingtem Haarausfall nach den Wechseljahren helfen können.“
Medikamente zum Einnehmen (orale Therapien)
Die meisten dieser Behandlungen werden „off-label“ eingesetzt. Das bedeutet, sie sind für Haarausfall bei Frauen nicht offiziell zugelassen, ihre Wirksamkeit aber durch Studien und Erfahrung belegt ist, weshalb Ärzt:innen sie verschreiben können. Diese Wirkstoffe (bis auf Minoxidil) können androgenetischen Haarausfall vorbeugen, indem sie die Haarfollikel vor DHT schützen.
- Minoxidil: Minoxidil gibt es nicht nur in topischer, sondern auch in oraler Form. Die Dosierung für Frauen liegt bei 0,25 bis 2,5 mg täglich. Es sollten bei Anwendung keine Herzerkrankungen vorliegen.
- Finasterid: Orales Finasterid ist für erblich bedingten Haarausfall bei Männern zugelassen. Nach der Menopause kann es jedoch auch bei Frauen zum Einsatz kommen. Finasterid hemmt die 5-alpha-Reduktase und sorgt so für weniger DHT. Die Dosis liegt mit 2,5 bis 5 mg täglich über derjenigen, die meist bei Männern angewendet wird.
- Dutasterid: Dutasterid wirkt sehr ähnlich wie Finasterid, ist jedoch stärker – dadurch sind die Nebenwirkungen gegebenenfalls auch ausgeprägter, allerdings konnte bislang kein signifikanter Unterschied nachgewiesen werden. Es werden 0,5 mg täglich eingenommen.
- Spironolacton: Spironolacton hat einen sehr vielschichtigen Wirkmechanismus, bei dem es auch antiandrogen und antientzündlich wirkt – beides gut bei Haarausfall. Normalerweise werden 50 mg täglich im ersten Monat eingenommen, anschließend wird die Dosis auf 100 bis 200 mg gesteigert. Bei Einnahme sollten die Elektrolyte (insbesondere Kalium) mit einem Blutbild überprüft werden.
- Cyproteronacetat: Es handelt sich um ein Antiandrogen, das die Androgenrezeptoren blockiert und den Testosteronspiegel senkt. Cyproteronacetat wirkt ähnlich effizient gegen Haarausfall wie Spironolacton. Es ist für hormonell bedingte Krankheitsbilder, zu denen auch Haarausfall gehören kann, zugelassen und wird mit 50 bis 100 mg täglich verordnet.
- Bicalutamid: Bicalutamid ist ebenso ein Antiandrogen, das die Androgenrezeptoren blockiert. Erste Studien deuten darauf hin, dass Bicalutamid stärker wirkt als Spironolacton. Die Dosis liegt für Haarausfall off-label bei 25 bis 50 mg täglich. Aufgrund potenzieller Risiken sollten die Leberwerte bei Bicalutamid regelmäßig überprüft werden.
Sonstige Behandlungen
- PRP (Platelet Rich Plasma): Bei dieser Behandlung wird das Plasma aus dem eigenen Blut in die Kopfhaut eingespritzt. Es scheint durch die Wachstumsfaktoren und die entzündungshemmende Wirkung zu wirken. Bei PRP sind mehrere Sitzungen nötig.
- Low-Level Lasertherapie: Mit speziellen Arten von Lasern können Wachstumsfaktoren angeregt werden. Die Therapie kann beim Arzt oder zuhause mit spezielle Geräten durchgeführt werden. Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse.
- Microneedling: Durch die sehr kleinen Verletzungen der Haut, die mit Mikroneedling gesetzt werden, werden Wachstumsfaktoren ausgeschüttet. Zudem können auf die Haut aufgetragene Wirkstoffe (wie z.B. Minoxidil) noch besser eindringen.
- Haartransplantation: Als ultima ratio kann zu einer Haartransplantation gegriffen werden. Dabei werden Haarfollikel aus dem Hinterkopf entnommen und an den entsprechenden Stellen eingesetzt. Wichtig ist, dass genug Haare im Spenderbereich vorhanden sind. Außerdem wird nach der Haartransplantation empfohlen, mit topischen und/oder systemischen Behandlungen fortzufahren.
„Low-Level Lasertherapie kann das Haarwachstum fördern. Sie kann alleine oder begleitend zur medikamentösen Behandlung eingesetzt werden.“
Alternative Behandlungen
- Koffein, Sägepalme & Co.: Es gibt diverse Stoffe und Pflanzen, die ähnliche Effekte bewirken wie die medikamentöse Therapie. Allerdings ist die Wirkung geringer. Wichtig zu bedenken ist, dass diese „natürlichen Mittel“ auch an denselben oder zumindest ähnlichen Stellen ansetzen (z.B. indem sie die 5-alpha-Reduktase hemmen) – sonst hätten sie keinen Effekt.
- Vitamine und Spurenelemente: Um deine Haarfollikel optimal zu versorgen, ist eine ausgewogene Ernährung besonders wichtig. Eine alleinige Substitution von Zink wird jedoch bei erblich bedingtem Haarausfall wenig bewirken. Viele Frauen leiden allerdings an Eisenmangel. Ebenso ist ein Vitamin-D-Mangel in unseren Breitengraden sehr üblich. Diese Parameter solltest du daher auf jeden Fall überprüfen lassen und gegebenenfalls ergänzend zu dir nehmen, um zusätzlichem diffusen Haarausfall vorzubeugen.
Fazit
Haarausfall in den Wechseljahren ist ein häufiges Übel für Frauen, das oft mit erheblicher psychischer Belastung einhergeht. Wichtig ist es, die Art des Haarausfalls zu identifizieren. Vor allem für androgenetischen Haarausfall es gibt mittlerweile einige Möglichkeiten, wie du deine Haare behalten und sogar zurückgewinnen kannst. Kombinationstherapien erweisen sich dabei als besonders hilfreich. Bei der individuellen Kosten-Nutzen-Risiko-Kalkulation stehen dabei Wirkstoffe wie Minoxidil und Spironolacton oft an oberster Stelle. Da manche Mittel jedoch ärztlich verschrieben werden müssen, ist eine Beratung sinnvoll, um die für dich richtige Behandlung zu finden.
Quellen
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